Material des Monats: Acrylfarben
Acrylfarben haben seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ihren Siegeszug nicht nur in der Kunst angetreten. Sie sind mittlerweile auch in zahlreichen anderen Bereichen der Farbanwendung wie etwa den Schutzlacken sehr weit verbreitet. Doch was bezeichnet eigentlich der Begriff „Acrylfarben“? Vereinfacht gesagt sind unter dem Begriff alle Farben versammelt, die auf Basis eines Acrylharzes aufgebaut sind. Farben bestehen im Wesentlichen aus Pigmenten und einem Bindemittel für diese. Und im Falle der Acrylfarben ist das Bindemittel ein Acrylharz. Nun muss nur noch dafür gesorgt werden, dass das Bindemittel flüssig genug ist, um die Farbe zu verstreichen. Und das ist der besondere Punkt an Acrylfarben: Sie sind nämlich wasserlöslich.
Es ist also kein (oder kaum ein) organisches Lösungsmittel enthalten, wodurch beispielsweise Acryllacke nur leicht riechen und weniger umweltgefährdend sind als die meisten zuvor entwickelten und verwendeten Alkydharzlacke. Dennoch trocknen Acrylfarben wasserbeständig aus. Wenn das Lösungsmittel Wasser aus der Farbe verdunstet ist, ist die Farbe also nicht wieder mit Wasser lösbar.
Die Zusammensetzung
„Acrylharzdispersion“ wird das Bindemittel in Acrylfarben auch genannt. Letztlich ist es eine milchig-trübe Mischung aus Acrylharzen, die Du auch als „Acrylbinder“ in pigmentloser Form kaufen kannst, um Deine eigenen Farben herzustellen. Die zweite, farbgebende Zutat sind dann die Farbpigmente. Diese sind einerseits grundsätzlich der teurere Anteil in der Farbe. Andererseits sind sie sowohl hinsichtlich der Qualität der verwendeten Pigmente als auch hinsichtlich der Quantität – also dem Mengenanteil in der Farbe – kostenbestimmend. In Acrylfarben, die im Namen Zusätze wie „Studien“, „Graduate“ oder „College“ tragen, kommen meist günstigere Pigmente in geringerem Anteil in die Farbe als bei Künstlerfarben. Teilweise wird der geringere Pigmentanteil mit Füllstoffen wie Kreide ausgeglichen. Im Ergebnis zeigen sich dennoch bei Studienfarben häufig geringere Haltbarkeit Leuchtkraft, Farbbrillanz und Deckkraft. Hochwertige Farbe kann also im Zweifel auch sparsamer verwendet werden. Letztlich solltest Du aber die Wahl der Farbqualität von der Anwendung abhängig machen. Schließlich sind die Preisunterschiede recht gravierend.
Die Eigenschaften – Acrylfarben vs. andere Farben
In der Anwendung sind Acrylfarben sehr vielseitig. Sie können lasierend, fast wie Aquarell verwendet werden, Du kannst sie aber auch deckend oder pastos wie Ölfarbe vermalen und Struktur einarbeiten. Grundsätzlich zieht sich Acrylfarbe recht stark selber glatt, so dass die Struktur eines herkömmlichen Pinselstrichs erst einmal kaum sichtbar bleibt. In wesentlichem Maße können die gewünschten Eigenschaften beim Malen aber mit Malmitteln wie zum Beispiel Strukturpaste eingestellt werden. Dazu weiter unten mehr. Acrylfarben trocknen im Vergleich zu Ölfarben rasant schnell. Während so manches Ölgemälde über ein Jahr unangetastet bleiben muss, bevor der Farbauftrag fixiert und versiegelt werden darf, ist dieser Punkt bei Acryl bereits nach wenigen Tagen erreicht. Acrylfarben trocknen so schnell, dass es auch für den künstlerischen Prozess ungünstig sein kann, wenn Du beispielsweise nass-in-nass arbeiten möchtest. Dafür gibt es aber Verzögerer (Retarder), die Du der Farbe beimengen kannst.
Acrylfarben werden etwas dunkler beim Trocknen. Das liegt daran, dass die in flüssiger Form zunächst weißliche Acrylharzdispersion beim Trocknen transparent wird. Die Farbe verliert also einen aufhellenden Weißanteil und wird damit meist auch etwas weniger leuchtend. Das gilt für alle Acrylfarben und ist kein Fehler oder Mangel, es ist nicht zu ändern. Acrylfarbe bildet beim Trocknen einen elastischen Film, daher bleibt sie weitgehend rissfrei (sogar in starken Schichten). Obwohl beim Trocknen mit dem verdunstenden Lösungsmittel Wasser auch Volumen verloren geht, neigt sie nicht zu Schwundrissen. Aufgrund der Elastizität des getrockneten Farbfilms kannst Du sogar Leinwände mit Deinem Werk einrollen, ohne dass sie Schaden nehmen. Achte beim Einrollen aber darauf, dass Dein Werk nach außen guckt, der Farbfilm also eher gestreckt als gestaucht wird.
Mit all diesen gut beherrschbaren Eigenschaften ist Acrylfarbe so beliebt geworden. Nicht zuletzt aber auch weil sie sehr geruchsarm ist und weder die Farben noch die Malmittel scharfe Lösungsmittel wie beispielsweise das Terpentinöl bei der Ölmalerei benötigen.
Die Verwendung: Untergründe und verschiedene Arten von Acrylfarbe
An Attraktivität gewinnt die Acrylfarbe durch ihre Vielseitigkeit hinsichtlich der Malgründe, auf die sie aufgetragen werden kann. Du bist nicht auf Leinwand und Papier beschränkt, sondern kannst auf ganz verschiedenen Materialien mit Acrylfarbe malen. Grenzen sind erst bei Silikon oder wenigen nichthaftenden Kunststoffen wie PTFE erreicht. Auf glatten Untergründen wie Glas oder Metall haften Acrylfarben zwar nicht ganz so gut wie auf leicht saugenden Untergründen, aber durch leichtes Aufrauen der Oberflächen kann die Haftung deutlich verbessert werden. Außerordentlich wichtig ist aber, dass der Malgrund fettfrei ist. Metallbleche kommen häufig gefettet aus der Produktion. Sie müssen entfettet werden, bevor sie als Malgrund dienen können.
Und Achtung: fertig bespannte Keilrahmen für Ölfarbe sind zuweilen mit einer ölhaltigen Grundierung behandelt. Diese ist nicht für den Auftrag von Acrylfarben geeignet. Mit Gesso grundierte Gewebe sind aber bestens nutzbar. Ansonsten haftet Acrylfarbe so gut wie überall. Bevorzugte Malgründe sind Leinwand, Papier aber auch Holz, MDF oder Metall und Acrylglas. Letztlich kannst Du aber auch ein Kunstwerk direkt auf Deine Wand malen.
Die Breite der Anwendungen und der Verarbeitung von Acrylfarbe ging auch an der Stift- und Sprühfarbenentwicklung nicht vorbei. Neben Pinsel , Malmesser und Airbrush stehen Dir mittlerweile auch Acrylmarker und Acrylsprays als Werkzeuge zur Ergänzung beim Arbeiten mit Acrylfarben zur Verfügung. Und die Firma Molotow hat ihre Acrylfarben beispielsweise auf allen Materialien der Modulor-Musterkiste ausprobiert. Das spart Dir eventuell umfangreiche Tests zu nutzbaren Malgründen. Die Ergebnisse findest Du übersichtlich hier dargestellt oder Du lädst Dir das PDF herunter.
Mit Mal- und Hilfsmitteln verflüssigen oder andicken
Zu jeder Acrylfarben-Reihe bieten die Hersteller auch Malmittel an. Zunächst einmal geht es um das Einstellen der Farbe hinsichtlich ihrer Konsistenz. Verflüssigen geht zwar in Maßen schlichtweg mit Wasser. Zu bedenken dabei ist aber immer, dass damit nicht nur die Viskosität sinkt, sondern anteilig auch die Bindemittel-Konzentration im Medium. Im schlimmsten Fall ist diese so gering, dass die Pigmente teilweise nicht mehr von Bindemittel umschlossen sind und freiliegen – also nicht mehr an den Malgrund gebunden werden. Um das zu vermeiden, gibt es Verflüssiger oder Pouring-Malmittel , die Du vor allem brauchst, wenn Du Farben ineinanderfließen lassen möchtest.
Verdickungsmittel nutzt Du vor allem, um die Konsistenz der Farbe für einen pastosen Auftrag zu erhöhen und Struktur in die Oberfläche einzuarbeiten. Die zweite Eigenschaft nach der Konsistenz, die Du über Malmittel einstellen kannst, ist der Glanzgrad nach dem Trocknen. Von matt bis glänzend gibt es etliche Möglichkeiten, die Oberfläche nach Deinen Wünschen erscheinen zu lassen. Merke: Seidenmatt entsteht nicht aus dem Mischen von „glänzend“ und „matt“, nutze hierfür besser ein von vornherein passendes Malmittel .
Neben den genannten Malmitteln zur Beeinflussung der grundsätzlichen Eigenschaften des Mediums gibt es noch etliche spezielle Zusätze, die die Eigenschaften Deiner Acrylfarbe verändern oder einen speziellen Effekt erzeugen. Das kann ein phosphoreszierendes Mittel oder eine Krakelierpaste sein oder vieles mehr. Lies Dich bei Interesse in die Vielfalt der Zusätze und Malmittel bei den Herstellern ein.
Spezielle Anwendungen: Mixed Media und Textil-Gestaltung
Auf zwei besondere Möglichkeiten beim Arbeiten mit Acrylfarbe sei hier noch hingewiesen, da sie nicht nur besonders effektvoll sondern auch mit weit verbreiteten Mitteln umsetzbar sind. Hast Du Zugang zu einem Laserdrucker oder Kopierer? Dann kannst Du alles, was aus dem Drucker kommt spiegelverkehrt in Deine Arbeiten mit Acrylfarbe integrieren. Mit einem Transfergel überträgst Du schlichtweg den Druck auf beliebige Untergründe, löst nach 24 Stunden das Papier und kannst anschließend das übertragene Motiv weiterbearbeiten und fixieren.
Die zweite Anwendung ist häufig gefragt: Textilien (Kleidung) mit Acrylfarbe gestalten. Sobald Du festgestellt hast, dass getrocknete Acrylfarbe nicht mehr aus Deiner Kleidung auswaschbar ist, bist Du vielleicht auch schon darauf gekommen, ein T-Shirt mit Acrylfarbe bewusst zu gestalten. Wir empfehlen, die Eigenschaften der Acrylfarbe mit einem Textil-Medium für diese Anwendung zu optimieren. Es verbessert die Verarbeitbarkeit von Acrylfarbe auf Stoff, erhöht die Haftung, kontrolliert Farbverläufe und der Stoff bleibt nach dem Trocknen flexibel. Maschinen- und handwaschbar bleibt das T-Shirt auch.
Acrylfarben entsorgen
Es ist ein verbreitetes Missverständnis zu glauben, dass Farben, die wasserlöslich sind, für die Umwelt unproblematisch sein müssen. Auch Acrylharze sind Kunststoffe und müssen als solche beim Entsorgen behandelt werden. Außerdem sind in Farbe enthaltene Pigmente mitunter problematisch und müssen schlimmstenfalls sogar (z. B. wenn Schwermetalle enthalten sind) als Sondermüll entsorgt werden. In den meisten Fällen reicht aber das Entsorgen der sedimentierten Farbreste über den Hausmüll. Ein Blick in das Sicherheitsdatenblatt beim Hersteller gibt zumeist Auskunft über die Inhaltsstoffe der Farbe. Es ist aber nicht zulässig, Acrylfarben aus benutzten Pinseln im Waschbecken unter fließend Wasser in die Kanalisation zu spülen. Das wird vermutlich so manchen wundern. Wir verweisen an dieser Stelle gerne auf den Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie. Der hat nämlich ein recht eindeutiges PDF zum Thema Pinsel-Auswaschen veröffentlicht.
Das heißt aber nicht, dass Du Deine Pinsel nicht in Wasser auswaschen kannst. Der Künstlerfarben-Hersteller Schmincke zeigt wie es geht . Du solltest nur die Farbreste nicht mit dem Abwasser in die Kanalisation gelangen lassen – also bitte weder ins Waschbecken noch ins WC kippen. Bitte wasche Deine Pinsel in einem Pinselwascher, Glas oder Eimer mit warmem Wasser und ggf. Pinselseife aus und sammle so das Spülwasser. Die darin gelösten Farbreste sinken dann ab und nach einiger Zeit kannst Du vorsichtig das darüber stehende Wasser aus dem Behälter abgießen und wegkippen. Natürlich kannst Du auch warten bis es verdunstet ist. Die Farbreste kannst Du dann (ggf. zusammen mit dem Behälter) im Hausmüll entsorgen.