Material des Monats: Lufttrocknende Modelliermassen

von | Apr 11, 2024 | Material + Wissen

Eine der unmittelbarsten und frühesten Erfahrungen von uns allen ist das Formen mit den Händen. Sobald kleine Kinder Sand oder Erde in die Hände bekommen, spüren und sehen sie, dass sie mit ihren Fingern diese Elemente formen können. Seit diesen Tagen ist es ein Vergnügen, mit Modelliermassen zu arbeiten, denn es erfreut gleich dreierlei:

    • Du gestaltest räumlich. Es liegt umgehend ein dreidimensionales Objekt als Ergebnis Deines Tuns vor.
    • Du hast ein haptisches Erlebnis. Du gestaltest ganz unvermittelt, analog und direkt mit Deinen Händen das Material und spürst es.
    • Du erlebst einen Wandel. Aus einem formbaren Material wird durch einen chemischen oder physikalischen Prozess (selbst wenn es nur trocknet) ein hartes, mehr oder weniger widerstandsfähiges Objekt.

Bereits seit Jahrtausenden ist vor allem Ton das Material zum Modellieren von Schönem und Nützlichem. Nach wie vor erfreuen sich keramische Produkte großer Beliebtheit. Aber zur Verarbeitung von Ton gehört das Brennen und wer hat schon Zugang zu einem Brennofen, der über 1.000 °C erreicht? Das sind nur die Wenigsten von uns. Für alle anderen, die gerne modellieren möchten, gibt es eine jüngere Materialentwicklung: Lufttrocknende Modelliermassen. So sperrig der Begriff auch ist, eigentlich ist er immer noch ungenau. Richtig müssten diese Modelliermassen „lufthärtend“ genannt werden, denn sobald die Massen trocknen, sind sie auch unumkehrbar ausgehärtet und werden nicht wieder mithilfe von Wasser formbar. Aber sie sind nicht wasserfest oder gar wasserdicht, doch dazu später mehr.

 

Auf einer grauen Schneidematte liegen alle in diesem Artikel beschriebenen Modelliermassen originalverpackt. Außerdem liegen diverse Modellierwerkzeuge, Keks-Ausstechformen und eine flexible Kunststoffform dabei.

Was sind Lufttrocknende Modelliermassen?

In diesem Beitrag behandeln wir genau genommen nur die tonähnlichen, lufthärtenden Modelliermassen, die zuweilen auch Kaltporzellan oder Bastelton genannt werden. Wir betrachten weder Knete (Plastilin) noch zweikomponentige oder ofenhärtende Modelliermassen und auch keine kunststoffbasierten Reparaturkneten wie Sugru. Hier soll es ausschließlich um „Keramik ohne Brennofen“ gehen. Aber wie funktioniert das eigentlich? Was macht lufttrocknenden Ton unumkehrbar fest und woraus bestehen solche Knetmassen?

Ganz genau lassen sich die Hersteller der Modelliermassen nicht in die Karten schauen, die jeweiligen Rezepturen bleiben im letzten Detail ein Geheimnis. Es lassen sich nur etwas allgemeinere Aussagen zu den Gemischen treffen, aus denen lufttrocknende Modelliermassen bestehen: Häufig ist ein großer Anteil Porzellanerde (Kaolin) die Basis. Hinzugefügt werden dann teilweise mineralische Füllstoffe, Schwerspat, teilweise auch Faserstoffe für den inneren Zusammenhalt bzw. die Stabilität sowie Pigmente und schließlich Bindemittel, die ähnlich wie in Farben (Kunstharzdispersionen) oder in Tapetenkleister (Zellulose beziehungsweise Zellulosederivate wie Celluloseether) wirken, sowie Wasser, um die Konsistenz geschmeidig einzustellen. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass lufttrocknende Modelliermassen nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln und damit nicht für die Herstellung von Geschirr geeignet sind.

Fast wie Ton: Keramiplast

Keramiplast ist wie die nachfolgend aufgeführten Modelliermassen nahe an Modellierton hinsichtlich der Eigenschaften beim Modellieren. Du kannst mit der Zugabe von Wasser die Geschmeidigkeit oder Flexibilität des Materials einstellen und mit allen Werkzeugen aus der Keramikwerkstatt arbeiten. Keramiplast kommt modellierfertig aus der Packung und lässt sich gut kneten und formen. Du kannst es ausrollen und Formen ausstechen. Du kannst auf der Tischplatte Würste damit rollen und daraus mit der Aufbautechnik kleine Gefäße aufbauen. Wichtig hierbei: Keramiplast enthält keine festen Bestandteile wie sie im Aufbauton zu finden sind, dem stabilisierende Schamotte (gemahlene kleine Stücke von gebranntem Ton) beigemischt ist. Die Stabilität ist in Abhängigkeit von der Wandstärke also recht begrenzt und kann nicht mit Aufbauton verglichen werden. Keramiplast kannst Du auch in Silikonformen drücken und es auf diese Weise formen. Wie bei allen lufttrocknenden Modelliermassen ist es wichtig, dass Du Keramiplast mit Folie abdeckst, wenn Du es später (beispielsweise am nächsten Tag) weiterbearbeiten möchtest. Der Trocknungsprozess ist nämlich irreversibel, weil beim Trocknen nicht nur das Wasser aus dem Material verschwindet, sondern das Material unumkehrbar aushärtet. Mit dem Trocknen ist also nicht nur der physikalische Feuchtigkeitsverlust verbunden, sondern auch ein chemischer Härtungsprozess. Das ist ähnlich wie bei Acrylfarben: “Mit Wasser verdünnbar“ heißt in diesem Fall nicht, dass getrocknete Ergebnisse wieder wasserlöslich sind. Sie bleiben auch bei erneutem Kontakt mit Wasser fest bzw. hart.

Keramiplast schwindet beim Trocknen um etwa 5 %. Noch feuchte Teile können an andere feuchte Teile angesetzt werden. Das funktioniert am besten wie mit Ton: Du kratzt kreuzweise einige Rillen in die Ansatzstellen und benutzt Schlicker (mit Wasser sehr weich gemachte Modelliermasse) als Klebstoff. Wenn Du an ausgehärtete Teile andere Teile ansetzen möchtest, musst Du einen Klebstoff verwenden, da sich das Material nicht wieder weich machen lässt.

eine ausgestreckte Handrollt auf einer Schneidematte eine Modelliermassen-Wurst.

Für das Aufbauen von Gefäßen werden aus Modelliermasse Wülste gerollt, aufeinander gestapelt und miteinander verstrichen. Auf den Bildern haben wir Gedeo-Modelliermasse im Farbton Terrakotta verwendet.

Auf einer Schneidematte liegt eine runde, flache Scheibe aus Modelliermasse. Auf deren Rand wurde eine von Hand gerollte Wulst aus Modelliermasse positioniert, die gerade mit Hilfe einer Klinge abgelängt wird.
Auf einer Schneidematte wird eine soeben aufgelegte Wulst aus Modelliermasse mit dem Boden aus Modelliermasse verstrichen. Dafür wird von Hand ein Modellierwerkzeug verwendet.
Zwei Hände präsentieren in die Kamera die erste auf dem runden Boden aus Modelliermasse aufgebrachte und festgestrichene Wulst.
Das aus Modelliermasse aufgebaute Gefäß wächst. Zwei Hände streichen die Außenseite der Gefäßwand glatt.
Mit dem Ziel, einen Henkel oder Griff an ein Gefäß anzusetzen, wird an dem noch modellierbaren, feuchten Gefäß die Stelle angeritzt, an der später der Henkel angesetzt werden soll.
Schlicker entsteht, indem in der Hand Modelliermasse mit sehr viel Wasser verknetet wird.
An ein Gefäß aus Modelliermasse wird ein Henkel aus derselben Masse angesetzt. Auf die zuvor angeritzten Kontaktpunkte wird Schlicker als Kleber aufgetragen, dann wird der Henkel angesetzt und verputzt.

Weniger Risse, mehr Farben: Gedeo-Modelliermasse

Eine Person mit schwarzer Schürze sitzt am Werktisch und schneidet ein Stück Modelliermasse vom Batzen ab.
In zwei Händen wird ein Stück Modelliermasse geknetet, bevor mit der Modelliermasse gearbeitet wird.
Mit einem massiven Acrylglasstab wird auf einer Schneidematte ein Stück Modelliermasse plattgewalzt.
Aus einem Stück gleichmäßig flachgewalzter Modelliermasse wird mit einer Ausstechform ein hasenförmiges "Plätzchen" ausgestochen.
Auf einer Schneidematte liegt ein hasenförmiges "Plätzchen" neben einem Kreis aus Modelliermasse.

Ähnlich wie Keramiplast ist auch die Gedeo-Modelliermasse sehr tonähnlich. Achte beim Einkauf genau darauf, dass Du nicht aus Versehen Gedeo-Modellierton erwischst! Der sieht nämlich ziemlich ähnlich aus, wäre aber nicht lufttrocknend, sondern müsste bei gut 1.000 °C gebrannt werden. Die lufttrocknende Gedeo-Modelliermasse braucht etwas länger beim Trocknen als andere vergleichbare Produkte, aber die längere Bearbeitbarkeit kann auch ein Vorteil sein und die Gedeo-Modelliermasse neigt aufgrund der längeren Trocknungszeit nicht so stark zu Schwundrissen. Ein weiterer Vorteil ist die Farbigkeit, die Dir bei der Gedeo-Modelliermasse zur Verfügung steht. Du kannst zwischen vier Farbtönen auswählen: Schwarz, Grau, Weiß und Terrakotta.

Tipp: Beginne bei den Modelliermassen grundsätzlich Deine Arbeit damit, den Teil der Masse, mit dem Du arbeiten möchtest, zunächst ordentlich durchzukneten. Dadurch wird das Material geschmeidiger und Du kannst es besser formen, ohne dass Du weiteres Wasser einbringst. Grundsätzlich gilt nämlich später beim Trocknen, dass die Neigung zum Reißen mit der Menge des eingebrachten Wassers steigt.

Ebenfalls unter der Produktmarke Gedeo erhältlich ist übrigens ein Dichtungsmittel, dass Du zur Oberflächenversiegelung einsetzen kannst, wenn Du beispielsweise eine Vase herstellen möchtest. Nutze das Dichtungsmittel erst nach dem kompletten Durchtrocknen des modellierten Objekts. Am besten wartest Du vier Tage, bevor Du es aufbringst. In Gefäße, die Wasser halten sollen, kannst Du ein wenig von dem Mittel einfüllen und das Gefäß ausschwenken. Du kannst das Dichtungsmittel aber auch aufpinseln. Nach einem weiteren Tag des Trocknens kannst Du Dein Gefäß mit Wasser befüllen. Das Dichtungsmittel auf Acrylharzbasis funktioniert bei allen lufttrocknenden Modelliermassen.

Einfach mal ‚Beton‘ kneten: Darwi Knetmasse

Eine besondere Spezialität ist die Darwi-Modelliermasse. Sie erzeugt nämlich Ergebnisse, die wie gegossener Beton aussehen. Du hast also mit der Darwi Knetmasse eine Beton-Modelliermasse. Die Masse überzeugt vor allem mit ihrer guten Haftung auf verschiedensten Untergründen. Du kannst sie zum Beispiel problemlos auf Holz, Styropor, Keramik, Glas oder Kunststoff verarbeiten. Die gute Haftung steht direkt im Zusammenhang damit, dass die Darwi Knetmasse nicht schrumpft. Da sich das Material beim Trocknen nicht zusammenzieht, was an Kontaktflächen zu anderen Materialien sonst häufig zum Ablösen führt, ist es so vielseitig kombinierbar. Das Trocknen kann allerdings etwas dauern: Pro Zentimeter Materialstärke braucht es ca. 24 Stunden.

Ein Daumen drückt etwas Modelliermasse in eine blaue, recht flache Kunststoffform. Es soll ein kleines Herz aus Modelliermasse entstehen.
Aus der blauen, flexiblen Kunststoffform wird das noch weiche, geformte Herz vorsichtig herausgenommen.
Auf einer Schneideunterlage liegt ein abgeformtes Herz und ein ausgestochener Hase aus Modelliermasse sowie die Ausstechform.

Darauf ist Verlass: Fimo Air Basic

Die Produktmarke Fimo ist mittlerweile als Familienname für diverse Modelliermassen auf ganz unterschiedlicher Basis etabliert. Dennoch war der Ursprung – sozusagen das Ur-Fimo – natürlich die ofenhärtende Polymer-Masse. Mit dieser Kunststoffbasierten Modelliermasse hat Fimo Air aber recht wenig zu tun und darf auch nicht im Backofen härten. Fimo Air besteht zu 95 % aus natürlichen Rohstoffen, auch hier ist Kaolin an erster Stelle zu nennen. Fimo Air ist recht geschmeidig und lässt sich sehr gut modellieren. Beim Trocknen schwindet es allerdings um 7 %. Die durchgehärteten Ergebnisse kannst Du gut bohren und schleifen.

Auf einem schwarzen Sockel stehen von Hand modellierte Monster-Figuren und flache Schalen aus Fimo Air.
Auf einem schwarzen Sockel stehen von Hand modellierte Monster-Figuren aus Fimo Air.
Mit einer kreisfoermigen Ausstechform wird ausgerolltes, weißes Fimo Air von einer Hand mit blauen Fingernaegeln ausgestochen.
Auf einem schwarzen Sockel stehen von Hand modellierte Monster-Figuren aus Fimo Air.

Ab in die Mikrowelle: Fimo Air Light

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Fimo Air light und Fimo Air ist die Rohdichte. Die liegt bei dem Light-Produkt mit 0,6 g/cm³ bei fast nur einem Drittel von Fimo Air, das 1,7 g/cm³ wiegt. Damit ist Fimo Air light auch deutlich leichter als Wasser und geht darin nicht unter. Wodurch die Rohdichte so niedrig ist, lässt sich nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Vermutlich beinhaltet die Masse zu einem Großteil einen ultraleichten Füllstoff wie Mineralische Hohlkugeln. Wir haben selbst Glashohlkugeln im Sortiment als gewichtsreduzierenden Füllstoff für Gießharze. Es handelt sich hierbei um keramische Aluminosilikat-Mikrokugeln aus Siliziumdioxid, Aluminiumoxid und Eisenoxid, die mit Stickstoff und Kohlendioxid gefüllt sind.

Das Besondere an Fimo Air light ist, dass es nicht nur lufthärtend ist, sondern auch in der Mikrowelle gehärtet werden kann. Der Vorteil dabei ist die schnellere Aushärtung, denn bereits nach einigen Minuten ist das modellierte Teil hart und kann weiterbearbeitet werden. Das Härten an der Luft hingegen dauert in Abhängigkeit von der Stärke einige Tage.

Handplast Abformmasse

Für den Anwendungsfall der Abformung von Händen und Füßen gibt es die Abformmasse Handplast. Gerade bei Babys oder Kindern ist das Erstellen eines Hand- oder Fußabdrucks ein sehr beliebtes Mittel, einen Entwicklungsstand festzuhalten, um sich später daran zu erinnern. Die Abformmasse ist dafür hinsichtlich der Konsistenz optimal eingestellt (recht weich) und sie ist natürlich physiologisch vollkommen unbedenklich. Dennoch bitte unbedingt darauf achten, dass sie vom Kleinkind nicht verzehrt wird.

Um einen Hand- oder einen Fußabdruck zu nehmen, knete zunächst die Masse gut durch, sodass sie angenehm weich wird. Forme anschließend eine nicht zu dünne Schicht, damit Du die Hand oder den Fuß schön tief hineindrücken kannst. Hilfreich hierbei ist es nicht nur auf die Kraft der Hand bzw. des Fußes, der abgedrückt wird, zu vertrauen, sondern zusätzlich noch von oben auf die Hand bzw. den Fuß zu drücken, damit diese noch tiefer in die Masse eingedrückt werden. Anschließend langsam und möglichst senkrecht die Hand bzw. den Fuß aus der Masse herausheben. Den getrockneten Abdruck kannst Du nun auf eine Trägerplatte kleben und optional noch in einem Objektrahmen einrahmen.

Auf einem schwarzen Brett wird von zwei Haenden mit einem Acrylglasstab Modelliermasse ausgewalzt.
In flach ausgerollte Abformmasse wird eine Hand gedrückt.
Auf einem schwarzen Brett liegt ein Handabdruck in hellrosa Abformmasse.

Lufttrocknende Modelliermasse und Farbe

Senkrecht von oben sind auf einer hellgrauen Schneidematte drei Farbtuben Acrylfarbe (Cyan, Magenta, Yellow) zu sehen. Außerdem ist daneben ein Dichtungsmittel für lufttrocknende Modelliermassen (im Flaeschchen) und ein kleines geformtes Herz sowie ein ausgestochener Hase und ein kleines zylindrisches Gefaeß mit Henkel aus Modelliermasse zu sehen.
Ausgestochene und geformte Ergebnisse des Modellierens wurden mit Acrylfarbe bemalt. Im Bild ist ein unbemaltes, liegendes Herz, ein bemalter, weiße Hase mit Gesicht sowie eine weiß bemalte Tasse mit einem roten aufgeklebten Herzen.

Analog zu Ton sind auch bei den tonähnlichen lufthärtenden Modelliermassen die gängigen Farben der verfügbaren Massen Weiß und Rot (bzw. terrakotta). Das Weiß ist meist leicht gräulich und auch das Rot ist nicht leuchtend-rein oder gar knallig, sondern tendiert ins Erdig-Braune. Recht neu bei uns im Sortiment sind bei den Gedeo-Modelliermassen die Farben Grau und Schwarz hinzugekommen. Dennoch sind damit sicherlich noch nicht alle Wünsche nach farbiger Gestaltung Deiner modellierten Ergebnisse erfüllt. Und da die in der Keramikgestaltung verwendeten Farben (Engoben und Glasuren) mit der Keramik bei hohen Temperaturen gebrannt werden müssen, sind sie für lufttrocknende Modelliermassen keine Option. Aber hier im Magazin hatten wir uns einst bereits über Acrylfarben ausgelassen und diese sind auch ausgezeichnet dafür geeignet, Deine getrockneten Modellierergebnisse farbig zu dekorieren.