Modulor x ArtConnect: Open Call Gewinnerin Scarlett Yang
Dürfen wir vorstellen, die Gewinnerin unseres Open Calls, den wir gemeinsam mit ArtConnect gestartet haben: Scarlett Yang mit “Decomposition of materiality”, ihrer Abschlussarbeit am Central Saint Martins in London. Nachdem Scarlett bereits in Couture-Ateliers, in Biolaboren sowie sogenannten FabLabs (das sind Labore mit 3D Druckern Laser Cutter und Co) gearbeitet hat, erforscht und entwickelt sie innovative Ansätze an der Schnittstelle von Mode, Design und Technologie. Heißt: sie beschäftigt sich etwa mit Lebenszyklen von Mode und Textilien, betreibt Forschungen zu biologisch abbaubaren Materialien und verschmelzt diese mit digitalen Prozessen. Mit dem ambitionierten Ziel, nachhaltige Lösungen und Alternativen zu finden.
Klingt super spannend? Na das finden wir doch auch. Deshalb möchten wir Dir heute nicht nur das Projekt mal etwas genauer zeigen, sondern auch ein klein wenig hinter die Kulissen blicken.
Wir haben mit Scarlett gesprochen, über die Motivation hinter ihrer Arbeit, Materialabfälle im Designprozess, dringend notwendige Schritte der Mode hin zu mehr Nachhaltigkeit, und warum hier disziplinübergreifendes „an einem Strick ziehen“ so entscheidend ist.
Scarlett, Gratulation zum 1. Platz bei unserem Open Call. Was war die treibende Kraft hinter Deinem Projekt?
Scarlett: Die Idee für das Projekt entstand während meiner Arbeit im Fashion Studio von Central Saint Martins. Mir wurde bewusst, wie viel Materialabfall bei der Entwicklung eines traditionellen Modedesign-Projekts eigentlich anfällt, weil ja immer wieder Kleidungsstücke (Mock-up-Modelle) angefertigt werden, bevor sie in die Produktion gehen – und das noch vor dem eigentlichen Herstellungsprozess. Die überwiegende Mehrheit der auf dem Markt befindlichen Textilien ist nicht recycelbar, was bedeutet, dass wir als junge Generation von Modeabsolventen und Studenten erheblich zur Umweltverschmutzung beitragen, wenn wir die Dinge weiterhin auf traditionelle Art und Weise angehen.
Indem ich mich auf Traditionen beziehe, um neue Methoden zu entwickeln, möchte ich dazu anregen, dass wir darüber nachdenken, wie man digitale Technologien einbeziehen kann, um die Schönheit natürlicher Lebensformen darzustellen und dem Publikum das Konzept der Lebenszyklen von Materialien näherzubringen.
Bitte erzähl uns ein bisschen mehr zu
“Decomposition of materiality”. Was steckt hinter
dem Namen Deiner Abschlussarbeit?
Das Projekt entstand aus der Untersuchung unserer exzessiven Konsumkultur und ihrem Zusammenhang zum Klimawandel. Ähnlich wie bei der „decomposition“, der Zersetzung in der Natur, sterben alle Objekte – ob nun Mode oder andere Designprodukte – irgendwann „aus“ oder verlieren rein physisch gesehen ihren ursprünglichen Zweck.
Ich denke als Nutzer projizieren wir sentimentale Werte auf materielle Objekte, um den Zweck des Storytellings zu erfüllen und Narrative zu konstruieren. Jetzt, in einer Zeit, in der wir mehr denn je in die digitale Welt und das Internet eintauchen, ermöglichen Daten als Kommunikationsmedium, das ‚Nachleben‘ von physischen Objekten mit unserer Vorstellungskraft weiter zu projizieren, genau wie im echten Leben.
„The two main materials involved in the project: algae extract coming from seaweed, was used as the support structure of the design; Silk cocoon protein – ‘sericin’ – as a biowaste is commonly discarded in industrial wastewater from textile manufacturing.“
Scarlett Yang
Eines Deiner Ziele ist, nachhaltige Alternativen und Lösungen für aktuelle Umweltprobleme aufzuzeigen. Was muss Deiner Meinung nach passieren, damit Mode nachhaltiger wird?
Innovative Veränderungen entstehen oft durch disziplinübergreifende Zusammenarbeit. Und ich denke, dass großartige Dinge passieren können, wenn Wissenschaft und Kunst beziehungsweise Mode sich gegenseitig informieren. In der Modebranche sollten multidisziplinäre Initiativen viel mehr gefördert werden. Um mehr Menschen den Zugang zu Techniken, Fähigkeiten und Wissen zu ermöglichen, der sonst nur schwer zugänglich wäre. Ich glaube, dass Modetechnologie hier eine Art Katalysator sein kann, um mehr künstlerische Projekte bekanntzumachen.
Stichwort multidisziplinär – Du hast für Deine Arbeit unter anderem in den Bereichen Biotechnogie, 3D Design, AR Technologie und Textildesign geforscht.
Warum ist es aus Deiner Sicht wichtig, wissenschaftliche und künstlerische Praktiken zu verschmelzen?
Sich mit anderen Disziplinen zu beschäftigen eröffnet immer auch neue Perspektiven, wirft neue Fragen auf und man entwickelt eine neue Art, Dinge kritisch zu betrachten. Davon kann die eigene Praxis nur profitieren. Manchmal braucht eine ambitionierte Idee oder ein grobes Konzept schlichtweg eine wissenschaftliche Methode und Herangehensweise um umgesetzt werden zu können.
„Combing tactile bio materials and algorithmic design, I aim to explore how a combination of natural processes and technology can lead to a more sustainable design future, disrupting contemporary manufacturing and offering hope for new methods of making.“
Scarlett Yang
Was dürfen wir in Zukunft von Dir erwarten – was kommt als nächstes?
Dieses Abschlussprojekt war nur der Anfang meiner Praxis, taktile Materialien und digitale Medien zu kombinieren. Ich möchte die Biomaterialien, die ich hier entworfen habe, zu einem kommerzielleren und marktreifen Produkt weiterentwickeln, indem ich digitale Fabrikation und generative Designmethoden kombiniere, um die Herstellung von Modeprodukten mit diesem Vliesmaterial zu rationalisieren und zu automatisieren.
Die Dokumentationen über die Abbauphasen des Materials sind sehr spannend, da sie eine ergebnisoffene Diskussion über seine potenzielle Verwendung ermöglichen – sei es für Modeprodukte, Innenräume oder sogar für Verpackungen. Ich bin gespannt, wo es am Ende hingeht.
Parallel dazu arbeite ich derzeit auch an mehreren neuen Projekten, die sich quer durch Materialien, Computer, VR, CGI, digitale Mode usw. erstrecken. Ich möchte mir hier auch bewusst Zeit nehmen, um zu reflektieren und kritisch darüber nachzudenken, was Innovation für aktuell uns in dieser turbulenten Zeit und darüber hinaus bedeuten kann.
Wir sagen, Danke liebe Scarlett für das Interview.
Und ein kleiner Tipp am Rande: Merk Dir diesen Namen, von Scarlett Yang werden wir noch viel hören!