Material des Monats: Gießmassen

von | Aug 30, 2023 | Kreativität + Inspiration, Material + Wissen

In unserem letzten Magazinbeitrag ging es um Silikone, mit denen Du dreidimensionale Objekte abformen kannst. Hier soll es nun um die Gießmassen gehen, mit denen Du die abgeformten Objekte replizieren kannst – die Massen, die Du also in Deine Silikonform hineingießen kannst. Die wunderbare Welt der Gießmassen ist sehr vielfältig und es gibt etliche Möglichkeiten für die Materialität Deines Replikats.

Das grundsätzliche Ziel des Gießens ist klar: Eine flüssige Masse soll in eine Form eingebracht werden und dort zu einem festen Körper erstarren, der die Form möglichst exakt abbildet. Das kann durch die physikalische Änderung des Aggregatzustands von flüssig zu fest geschehen wie etwa bei Wachs, Schokolade oder Wasser (Eiswürfel). In den meisten Fällen ist aber eine chemische Reaktion sinnvoller, durch die aus einem flüssigen Ausgangsstoff ein festes Material wird. Das entstandene Material ist dadurch nämlich temperaturunabhängig fest und meist mechanisch deutlich widerstandsfähiger.

Anorganische vs. organische Gießmassen

Wie so oft in der Chemie hilft in der Übersicht die Einteilung in anorganisch und organisch. Auf der einen Seite stehen die anorganischen Gießmassen, die ein mit Wasser reagierendes Bindemittel enthalten. Beispiele hierfür sind Gips und Beton. Auf der anderen Seite haben wir die organischen Gießharze, die mit einem Härter vermischt werden, um zu einem Kunststoff zu vernetzen. Beispiele dafür sind Polyurethan-Gießharze und Epoxyd-Gießharze. Die großen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen sind die Belastbarkeit (vor allem mit Zugspannung) und auch der Preis. Die anorganischen Gießmassen sind sehr günstig, aber brechen schnell bei Zugbelastung (häufig werden sie als spröde beschrieben), die organischen sind etwas teurer, aber nehmen Zugspannung recht gelassen auf. Die Schwächen anorganischer Gießmassen hinsichtlich der Belastung mit Zugspannungen werden bereits beim Entformen offenbar, wenn räumlich kompliziertere oder dünnwandige Geometrien wegbrechen. In solchen Fällen also besser eine organische Gießmasse wählen.

gefrorenes Wasser wird aus einer Silikonform herausgedrückt, ein Getränk steht bereit für dei "Eiswürfel"
auf einer Schneidematte liegen etliche gegossene, rechteckige Gießlinge mit dem dreidimensionalen Schriftzug "modulor" auf der Oberseite
in einer offenen Hand liegt ein blau eingefärbter, ausgehärteter Gießmassenrest vom Boden eines Kunststoffbechers. Darunter auf einem Tisch liegen identische Teile in rot und schwarz

Welche Gießmasse ist die Richtige?

Oder anders formuliert: Welche Erwartungen hast Du an das gegossene Objekt? Soll es durchsichtig sein, muss es eine hohe Temperatur aushalten können? Gibt es hinsichtlich der Oberfläche Anforderungen, etwa Glanz oder Farbigkeit? Soll das gegossene Objekt als Bauteil einer mechanischen Belastung ausgesetzt werden oder soll es elastisch sein? Soll die Gießmasse schnell fest werden, damit möglichst schnell viele Abgüsse erstellt werden können oder darf die Gießmasse beim Erhärten nicht zu warm werden, damit die Form möglichst wenig geschädigt wird? Soll das gegossene Objekt witterungsbeständig sein oder soll es mit Lebensmitteln in Kontakt kommen? All diese Fragen können mit dem richtigen Gießharz gelöst werden. Du findest also in der Mehrzahl der Fälle die optimale Gießmasse für Dein Vorhaben. Nachfolgend schauen wir mal, was wir Dir in unserem Sortiment anbieten können.

drei kleine Blumentöpfe aus Betongießmasse, farbig gestaltet, mit Kakteen
Auf einer Tischoberfläche stehen zwei aus Betongießmasse hergestellte Massenmodelle von vereinfachten Häusern (Kuben mit Satteldach)
zwei halbkugelförmige Schalen aus Betongießmasse, die eine ist innen silber

Betongießmasse, der anorganische Allrounder

Beton ist nicht nur bei Architekten beliebt. Der zementgebundene Werkstoff erzeugt einerseits hart und manchmal etwas schroff wirkende Objekte. Beton ist kalt und (g)rau. Andererseits bildet sich im Beton beim Gießen genauso exakt jede Nuance der Form ab wie bei anderen Gießmassen. Damit können also auch sehr detailreiche und fein texturierte Oberflächen gestaltet werden. Daraus ergibt sich ein schönes Spannungsfeld für die Gestaltung. Aus Betongießmasse gibt es mittlerweile auch Schmuck oder Einrichtungsgegenstände wie Kerzenständer, Waschbecken oder Dekoobjekte.

Betongießmassen mögen (bei der Preis-Menge-Relation) im Vergleich zu Baubeton abstrus teuer wirken. Im Unterschied zum Baubeton ist das Produkt aber sehr viel feiner eingestellt, es enthält keinen groben Kies und durch Zusätze ist es auch ohne Bewehrung halbwegs zugfest und bindet schneller ab. Während der Beton auf Baustellen seine Nennfestigkeit nach vier Wochen erreicht, ist Betongießmasse nach vier Tagen so weit. Vor allem aber die Fließfähigkeit ist deutlich besser als beim Beton auf dem Bau. Und Betongießmasse ist natürlich in kleinen Mengen verfügbar und keiner muss für einen Schmuckanhänger 25 Kilogramm Zement und Sand kaufen. Bitte bei der Verwendung beachten: Beton schrumpft beim Aushärten etwas.

in einem Messbecher wird zu Gipspulver grünes Farbpigment mit einem Holspatel gegeben. Danebne steht die Papiertüte mit Gips.

Gips: schnell, günstig und fein

Gips hat den Vorteil, sehr schnell fest zu werden. Das gegossene Objekt kann also recht bald nach dem Gießen auch wieder entformt werden. Für eine Serienproduktion ist das ein großer Pluspunkt. Daneben ist Gips sehr günstig, wird nur bei 150 °C gebrannt (Zement bei 1450 °C) und hat als Abfallprodukt aus der Rauchgasentschwefelung (wird also mit jedem Braunkohlekraftwerk, das vom Netz genommen wird, knapper …) eine deutlich bessere Ökobilanz als Beton. Gips ist aber leider weder so hart wie sein anorganischer Partner Beton noch so widerstandsfähig. Das beginnt bereits bei der Witterungsbeständigkeit. Gips ist nicht dauerhaft für den Außeneinsatz geeignet.

Demgegenüber eignet sich Gips aber sehr gut für das Bauen im Innenbereich. Stuckateure gießen häufig Ornamente und Figuren mit Gips. Dafür verwenden sie meist Stuckgips, eine einfache und günstige Gipsvariante. Für feinere Arbeiten bis hin zur Schmuckherstellung gibt es zusätzlich kunstharzgebundene, sehr fest aushärtende Gipssorten wie unseren Gedeo Harzgips.

Gips dehnt sich (im Gegensatz zu Beton, der schwindet) beim Abbinden etwas aus. Das ist für das Ausgießen von Silikonformen aber unkritisch. Der Effekt ist aber immerhin schon so stark, dass er beim Gießen sichtbar wird, wenn an der Eingießstelle nach dem Abbinden an den Rändern ein „Berg“ entsteht.

Im Mischbecher werden Gips und grünses Farbpigment trocken mit einem Holzspatel vermischt.
per Hand wird mit grünem Pigment eingefärbtes Gipspulver in Wasser in einem Mischbecher eingestreut.
In einem Mischbecher wird von Hand mit einem Holzspatel grün eingefärbter Gips mit Wasser verrührt.

Acrylgießmasse vereint das Beste aus der anorganischen und der organischen Welt

Aus einem Mischbecher wird grün eingefärbter Gips in eine Silikonform gegossen.
in einer Silikonform ist zähflüssige, grüne Gipsmasse eingefüllt. Sie liegt auch teilweise auf der Form und an anderer Stelle ist die Form nicht ganz gefüllt. Die Silikonform wird von zwei Händen leicht gerüttelt, damit die Gipsmasse ganz in die Form fließt.
Die grün eingefärbte Gipsmasse wird an der Einfüllseite der gefüllten Silikonform mit einem Holzspatel abgestrichen.

Die oben erwähnte Einteilung in organische und anorganische Gießmassen wird an dieser Stelle durchbrochen. Acrylgießmassen vereinen beide Welten, denn ein mineralisches, anorganisches Pulver wird mit einem organischen Bindemittel versetzt und beides härtet gemeinsam aus. Konkret: bei Acrystal wird ein Mineralpulver mit einem wasserbasierten Acrylbinder vermengt. Wasser ist also das einzige enthaltene Lösungsmittel.

Acrystal ist gesundheitlich absolut unbedenklich und lässt sich leicht handhaben. Es ist auch in dünnen Lagen und zum Laminieren mit eingelegtem Glasgelege gut verwendbar und Du kannst es bereits nach maximal zwei Stunden entformen. Außerdem kannst Du es sehr gut einfärben. Wenn Du die Acrystal-Farben verwenden möchtest, färbst Du vor dem Anmischen damit die flüssige Acrylharzkomponente. Wenn Du pulverförmige Pigmente verwenden möchtest, färbst Du zunächst das Mineralpulver vor dem Anmischen. Nach dem Aushärten lässt sich Acrystal sehr gut weiterbearbeiten. Du kannst es feilen und schleifen, Du kannst es spachteln und bemalen.

Mit den genannten Eigenschaften ist es ausgezeichnet geeignet für den Bühnenbau, für den Modellbau, für Prototypen und sogar für das Erstellen von Tiefzieh-Stempeln für das Warmumformen von thermoplastischen Kunststoffen. Acrystal ist nämlich bis 80 °C belastbar. Außerdem – und damit beende ich das Loblied auf Acrystal – schrumpft es nicht (< 0,1 % Ausdehnung) und entwickelt nur wenig Wärme beim Abbinden. Dadurch schont es Silikonformen, die dann viel häufiger benutzt werden können. Eine Einschränkung gibt es aber am Ende doch: Acrystal ist nicht für den Außeneinsatz geeignet. Da verhält es sich ähnlich wie Gips.

Polyurethan-Gießharze: auch transparent

Nun sind wir ganz im Reich der organischen Verbindungen angekommen. Polyurethan-Gießharze vernetzen zu Duroplasten oder Elastomeren. Diese können sogar transparent sein. Bei transparenten Harzen sind aber glasklare Gießergebnisse nur zu erzielen, wenn Dir beim Anmischen ein Vakuumgerät zum Entlüften der Gießmasse zur Verfügung steht. Ansonsten bleiben kleinste Luftblasen im Material, die es in der Durchsicht trüben und milchig oder transluzent erscheinen lassen. PUR-Gießharze wie das Schnellgießharz F27 (G27) mit drei bis fünf Minuten Verarbeitungszeit sind nach einer halben Stunde bereits entformbar. In der Regel sind die Harze in moderaten 30 Minuten bis eineinhalb Stunden verarbeitbar. Dann lässt sich das ausgehärtete Ergebnis aber erst nach 24 Stunden entformen. Die Vernetzung ist eine exotherme Reaktion, bei der sich ein zähes Material bildet, das im ausgehärteten Zustand meist gut spanhebend zu bearbeiten ist. Die meisten Polyurethan-Gießlinge sind auch gut zu lackieren.

Eine Besonderheit bei uns im Sortiment sind die Biothan-Produkte. Sie basieren auf natürlich gewachsenen Rohstoffen und sind daher toxikologisch unbedenklich (kennzeichnungsfrei). Es gibt eine harte und eine elastische Variante von Biothan. Beide sind farblos und transparent.

In einem Mischbecher wird mit einem Holzspatel ein Harzgips zum Ausgießen einer Silikonform angerührt. Die Silikonform steht daneben.
In die Silikonform wird die Harzgips-Gießmasse eingefüllt.

Achtung: Der Härter von PUR-Gießharzen ist meist Isocyanat-basiert. Isocyanate sind recht reaktive, aggressive Chemikalien, die Haut und Atemwege reizen. Außerdem reagieren Isocyanate mit Wasser. Es darf also an den Härter keine Feuchtigkeit gelangen, der Behälter sollte immer gut verschlossen sein und nur kurz zur Entnahme einer Teilmenge geöffnet werden. 

die mit Gießmasse gefüllte Silikonform wird per Hand leicht gerüttelt, damit die Gießmasse überall in der Form ankommt und enthaltene Luftbläschen in der Masse nach oben aufsteigen und entweichen.
die zu viel eingefüllte Gießmase wird von der Silikonform abgestrichen.
senkrecht von oben aufgenommen: Der Mischbecher, der Holzpatel und die fertig gefüllte Silikonform.

Epoxyd-Gießharze zum Eingießen und Laminieren

Die namentliche Nähe zu Epoxyd-Klebern, häufig auch Zwei-Komponenten-Kleber genannt, ist kein Zufall. Es handelt sich um dieselbe Chemie. Zwei Komponenten, ein Harz und ein Härter werden durch Vermischen zur Reaktion gebracht und härten zu einem transparenten, sehr langlebigen, widerstandsfähigen und zähen Material aus. Das entstehende Duroplast ist stark belastbar, witterungsbeständig und eignet sich sowohl für Laminierverfahren (GFK/CFK), um sehr belastbare und leichte Bauteile beispielsweise im Bootsbau zu erzeugen, als auch für das Eingießen von kleinen Objekten. Epoxydharze sind transparent und farblos. Wobei das genau betrachtet nicht ganz stimmt, denn ein leichter Gelbstich ist doch immer im Material. Dieser fällt aber wirklich nahezu unmerklich aus und damit kaum auf, ich will ihn nur nicht verschweigen.

Sehr wichtig bei der Verarbeitung ist die Wärmeentwicklung. Aufgrund der Exothermie der Chemie ist die Schichtdicke für einen Arbeitsgang auf maximal 50 mm begrenzt. Wenn Du also dickere Objekte gießen möchtest, musst Du mehrschichtig arbeiten. Das funktioniert aber erstaunlich gut und ein Materialstoß oder gar eine Trennung im Material ist später nicht mehr zu sehen.

 

die Silikonform wird mit zwei Händen so hgesdent und gestreckt, dass die starr ausgehärteten Gips-Gießlinge zum Silikon Spalten bilden.
Aus der Silikonform werden die ausgehärteten, grün eingefärbten Gips-Gießlinge herausgedrückt. Dafür wird die Silikonform per Hand gedenht und gestreckt, so dass die Gießlinge Platz haben herauszufallen.
von oben betrachtet: die leere Silikonform liegt auf dem Werktisch , daneben die entformten, grün eingefärbten Gips-Gießlinge.

Zu guter Letzt noch drei allgemeine Hinweise zur Verwendung von Gießmassen:

 

Luftblasen vermeiden

Versuche bitte beim Anmischen von Gießmassen das Einrühren von Luftblasen zu vermeiden. Da es meist nicht gänzlich zu verhindern ist, solltest Du beim Einfüllen immer darauf achten, in einem möglichst dünnen Strahl die Gießmasse einlaufen zu lassen und möglichst am tiefsten Punkt der Form mit dem Einfüllen zu beginnen. So steigt der Pegel in der Form kontinuierlich und drückt die Luft nach oben heraus. Wilderes Eingießen über verschiedene Bereiche der Form führt unweigerlich zu Lufteinschlüssen, da jede Gießmasse eine Oberflächenspannung besitzt. Außerdem hilft es, die Form nach dem Eingießen zu rütteln. So lösen sich manche Luftblasen an den Kontaktflächen zur Form und steigen auf.

Gesundheit und Entsorgung

Für sehr viele Gießmassen gilt: Die einzelnen Komponenten sind gesundheitsgefährdend (reizend oder sogar ätzend) und problematisch oder sogar gefährlich für die Umwelt. Die ausgehärteten (vernetzten) Materialien sind sowohl gesundheitlich als auch für die Umwelt unproblematisch. Es kann also sehr viel aufwendiger sein, ungenutzte Reste zu entsorgen als das zur Reaktion gebrachte und ausgehärtete Material. Bitte beachte dazu immer das Sicherheitsdatenblatt der verwendeten Produkte und schütze Dich und die Umwelt!

Färben von Gießmassen

Alle Gießmassen kannst Du einfärben: Bei den mineralischen Gießmassen (Beton und Gips) kannst Du mit Pigmenten und sogar Acrylfarben aus dem Künstlerbedarf arbeiten. Beachte bei Gips, dass sich durch diese „Verunreinigung“ die Verarbeitungszeit deutlich reduzieren kann. Du hast also eventuell sehr wenig Zeit zum Anrühren und Eingießen. PUR-Gießharze sowie Epoxyd-Gießharze kannst Du mit denselben Farben für Kunstharze einfärben. Wenn Du Silikon einfärben möchtest, dann verwende bitte spezielle Farben für Silikon.