Material des Monats: Silikon Abformmassen
Sich der Materialgruppe der Abformsilikone in einem kurzen Text zu nähern, ist nicht ganz so einfach, schnell wird es nämlich recht komplex und „Fachchinesisch“ droht. Doch keine Angst, wir möchten im Weiteren Hemmschwellen abbauen, daher steigt der Text nicht zu tief in Details des Formenbaus ein. Hilfreiche Anleitungen dazu finden sich als Video leicht im Netz. Wir betrachten hier die Möglichkeiten der Abformsilikone von den Ergebnissen her. Diese sind nämlich äußerst vielfältig und das Abformen und Vervielfältigen einer Vorlage bereiten nicht nur große Freude, sondern sind zuweilen auch äußerst nützlich.
Wofür Abformsilikon verwendet wird
Im konservatorischen Bereich können beispielsweise beschädigte Bilderrahmenecken durch das Abformen einer intakten Rahmenecke und das Nachbilden mit einer Gießmasse wie Xyrarock wieder repariert werden. Alte Stuckdetails werden häufig mit Silikon abgeformt und in verschiedenen gips- oder zementbasierten Materialien vervielfältigt. Du kannst Dir aber auch aus lebensmittelechtem Silikon Deine eigenen Eisformen oder auch Backformen aus zusätzlich hitzebeständigem Silikon gießen, um einzigartige Kuchen zu backen. Häufig wird auch im 3D-Druck ein Prototyp gebaut und dann mittels Silikonform vervielfältigt bzw. im gewünschten Material gegossen. Und auch im Cosplay ist das Abformen und Gießen eine häufig angewandte Technik. Und last but not least: Regelmäßig wird bei uns im Laden eine Beratung zu Abformmassen auch im Zusammenhang mit dem Wunsch, individuelle Sextoys herzustellen, in Anspruch genommen. Es geht also sehr viel mit Silikon.
Woraus Silikon eigentlich ist
Vorneweg die gute Nachricht: Silikone bestehen aus Silizium, dem zweithäufigst in der Erdkruste vorkommenden Element (nach Sauerstoff). Große Sorgen hinsichtlich einer Ressourcenknappheit braucht sich also kein Anwender zu machen. In dem Rohstoff an sich liegt bereits ein Teil der Faszination von Silikon. Silizium liegt in der Natur zumeist als Siliciumdioxid vor, das wir als Sand oder in seiner reinsten Form als Quarz kennen. Das sind harte, mineralische Materialien, die gar nicht an das hochelastische Silikon, wie es für Abformmassen genutzt wird, denken lassen. Mit einem laienhaften Grundverständnis von Chemie sind wir beim Sand also im Bereich der Anorganik. Doch durch synthetische, chemische Prozesse können an Silizium die Elemente Wasserstoff und Kohlenstoff gebunden werden. Und am Ende werden dann langkettige Moleküle (Polymere) gebildet, wie wir sie aus der Organik kennen. Silikone sind also Kunststoffe (Elastomere) aus größtenteils anorganischem Rohstoff.
Hier wurde leider das Trennmittel vergessen: Sillikonkautschuk wurde auf vernetztes Silikon gegossen und hat sich untrennbar mit diesem verbunden.
Was Silikon vor allem kann
Die wesentlichen Eigenschaften von Silikonen, die auch für die Abformmassen relevant sind, sind die Elastizität einerseits und die Selbsttrennung andererseits. Dadurch sind Silikone so attraktiv für den Formenbau. Durch die Elastizität ist es möglich, auch komplizierte Modelle abzuformen, ohne dass beim Abformen die Form oder das Modell bzw. die Vorlage kaputt geht. Durch die selbsttrennenden Eigenschaften von Silikon sind sowohl das Abformen als auch das mehrfache Ausgießen zumeist ohne Trennmittel kein Problem. Eine Silikonform ermöglicht also in der Regel das zahlreiche Kopieren eines dreidimensionalen Originals. Kleinserien sind daher die Paradedisziplin der Silikonform. Nur beim Gießen von Silikonkautschuk auf Silikon gilt es, unbedingt ein Trennmittel zu verwenden. Trennmittel werden einmalig oder mehrfach aufgetragen oder -gesprüht. Sie beinhalten Wachs, Teflon oder Silikon und bilden eine hauchdünne Trennschicht auf dem behandelten Objekt.
Welches Abformsilikon für welchen Zweck?
Die Vielfalt der bei uns zu findenden Zwei-Komponenten-Abformsilikone ergibt sich aus den Anforderungen, die aus Nutzersicht durch den Formenbau und die Erwartungen an die fertige Form definiert werden. Bevor Du also das richtige Silikon für Deine Form suchst, beantworte Dir ein paar Fragen:
- Wie kompliziert ist das abzuformende Objekt (Modell)? Weist es eine räumlich komplizierte Geometrie mit vielen Hinterschneidungen auf oder ist es eher reliefartig und flach? Handelt es sich um eine Körperabformung?
- Wie wird die Form gebaut? Wird das Silikon über das liegende Modell gegossen oder auf das hängende Modell aufgestrichen (gespachtelt)?
- Mit welchem Material soll später die fertige Form ausgegossen werden? Mit einem wasserbasierten Gießmaterial wie Gips oder Beton oder einem lösungsmittelhaltigen wie Epoxidharz? Möchtest Du Kerzen aus Wachs gießen oder Lebensmittel wie Schokolade in Form bringen? Oder muss die Form sogar höheren Temperaturen standhalten, weil Du niedrigschmelzende Metalle wie Blei oder Zinn hineingießen möchtest?
- Soll die ausgehärtete Form möglichst durchsichtig sein? Das ist immer dann hilfreich, wenn Du eine mehrteilige Form bauen willst, die Du aber in einem Stück gießt. Beim Entformen wird dann nämlich die Silikonform aufgeschnitten. Damit Du beim Schneiden das Original nicht beschädigst, ist die Transparenz des gegossenen Materials sehr nützlich.
- Wie schnell soll das Silikon vernetzen? Oder anders gefragt: Wie viel Zeit brauchst Du, um das Silikon auf das Modell zu bringen? Die Verarbeitungszeit unserer Abformsilikone variiert zwischen einer und 90 Minuten.
Wenn Du alle Fragen beantwortet hast, hältst Du am Ende idealerweise das perfekte Silikon in den Händen. Da es aber nicht für jeden denkbaren Anwendungsfall das perfekt eingestellte Silikon bereits im Regal gibt, gilt auch hier: Kompromisse und Hilfsmittel wie zum Beispiel das Thixotropiermittel (Verdickungsmittel) zum Einstellen Deines Abformsilikons helfen Dir an dieser Stelle weiter. Und wenn Du mal vor einer ganz kniffligen Spezialfrage stehst und Dich nicht für ein Produkt entscheiden kannst oder willst, melde Dich gerne bei uns. Manchmal ergeben sich die Lösungen auch im Zusammenhang mit dem Formenbau. Wir beraten Dich gerne
Die Verarbeitung von Silikonkautschuk – additionsvernetzend vs. kondensationsvernetzend
Die heikelsten Punkte bei der Nutzung von Silikonkautschuk sind das „saubere“ Arbeiten und das Kontrollieren des Fließens (außer natürlich bei der Verwendung von Knetsilikon …). Mit Sauber-Arbeiten ist das Vermeiden der Inhibierung (Verunreinigung im Silikonkautschuk, die chemisch das Vernetzen stört) gemeint: Vor allem additionsvernetzende Silikone können nämlich bei Kontakt mit bestimmten Stoffen nicht mehr vernetzen. Das gibt im Ergebnis eine ziemliche Sauerei, denn Du musst partout nicht aushärtenden Silikonkautschuk als Flüssigkeit von Deinem Modell wieder restlos entfernen. Das ist eine zähe und mühselige Aufgabe, da das flüssige Silikon überall am Modell klebt. Darum werden dort, wo das saubere Arbeiten schwerer fällt – beispielsweise im Baubereich – überwiegend kondensationsvernetzende Silikone verwendet. Inhibierend können zum Beispiel wirken:
- zu viel oder zu wenig Feuchtigkeit
- schwefelhaltige Verbindungen (Chlor- und Butylkautschuke, bestimmte Plastiline …)
- Stabilisatoren und Weichmacher (z. B. in Weich-PVC)
- Aminhärter in Epoxidharzen
- Verschiedene organische Lösungsmittel wie z. B. Ketone, Alkohole, Ether etc.
Bitte beachte daher immer die Hinweise zum jeweiligen Silikon, mit dem Du arbeitest und nimm die Hinweise ernst! Es kann bereits reichen, beim Hantieren mit den Silikonkomponenten Latexhandschuhe zu tragen, um die Vernetzung zu stören. Eine Inhibierung ist äußerst ärgerlich und tritt immer erst am Ende aller Arbeitsschritte des Formenbaus zu Tage: beim Ausformen. Das ist dann sehr frustrierend, wenn nach all der Vorarbeit beim letzten Schritt alles hin ist.
Mit „Kontrollieren des Fließens“ ist einerseits die Dichtheit der Form gemeint. Sie muss letztlich so dicht sein, als ob Du Wasser einfüllen wolltest. Silikonkautschuk fließt zwar meistens zäh und langsam – aber unaufhörlich.
Andererseits muss die Form auch dem Silikon ermöglichen, überall um das Modell zu fließen. Wenn sich innerhalb der Form Bereiche bilden können, aus denen beim Ausgießen mit Silikonkautschuk die Luft nicht mehr verdrängt werden kann, weil die Luft eingeschlossen wird, wird das Modell nicht vollständig vom Silikon abgeformt.
Entformen
Das vernetzte Silikon lässt sich vom Modell trennen.
Entformen
Mit etwas Dehnen des Silikons wird die Form vom Modell befreit.
Jetzt solltest Du gewappnet sein gegen die gröbsten Fehler im Umgang mit Abformsilikon. Falls Du im Zweifel darüber bist, ob Du ein additions- oder kondensationsvernetzendes Silikon hast: Die additionsvernetzenden werden meist im Verhältnis 1:1 gemischt. Du hast also von beiden Komponenten dieselbe Menge zur Verfügung. Bei kondensationsvernetzenden ist der Vernetzer meist in sehr viel geringerer Menge der Kautschukmasse beizumischen. Meist sind Silikonkautschuk und Vernetzer andersfarbig, um die gute Durchmischung besser zu kontrollieren. Und warum gibt es überhaupt zwei verschiedene Vernetzungsarten? Grob betrachtet lässt sich sagen: Additionsvernetzendes Silikon ist präziser in der Abformung, weil es weniger schrumpft. Kondensationsvernetzendes Silikon ist gutmütiger beim Verarbeiten, weil es nicht so leicht in der Vernetzung zu stören ist – also ein geringeres Risiko der Inhibierung besteht.
Und jetzt ran an’s Abformen, viel Erfolg und Spaß dabei! In unserem nächsten Beitrag geht es dann um Gießmassen – also um die Materialien, die Du in Deine fertige Silikonform gießen kannst.