Material des Monats: Thermoplastische Elastomere
Thermoplastische Elastomere (TPE) sind eine recht kleine Gruppe von Kunststoffen. Ihre Qualitäten aber sind zahlreich und machen sie sehr beliebt. Zusammenfassen lassen sich die guten Eigenschaften vielleicht einfach mit dem Satz „TPE vereinen die mechanischen Eigenschaften von Elastomeren mit der guten Verarbeitbarkeit von Thermoplasten“ (aus „Handbuch für technisches Produktdesign“, Sascha Peters, 2006). Sie sind also gummielastisch und dennoch warmformbar.
Was sind TPE?
Zum besseren Verständnis vorab eine kleine Werkstoffkunde: Grob gesprochen werden die Kunststoffe in drei Hauptgruppen eingeteilt, die Duroplaste, die Thermoplaste und die Elastomere. Bei den Thermoplasten lässt sich bereits durch den Wortanteil „Thermo“ in der Bezeichnung erahnen: Diese Gruppe ist die einzige der drei, die sich durch Wärme verformen lässt. Das ist fertigungstechnisch ein enormer Vorteil, weil thermoplastische Kunststoffe bei recht niedrigen Temperaturen (meist unter 200 °C), also mit überschaubarem Energieaufwand, in die gewünschte Form gebracht werden können. Und weil sie nach erneutem Erwärmen in eine andere Form gebracht werden können, sind sie theoretisch (sortenrein) auch gut recycelbar. Elastomere und Duroplaste hingegen werden chemisch vernetzt und bleiben in der Form, in der sie vernetzt wurden. Sie können nicht tiefgezogen oder blasgeformt werden und sind nicht schweißbar. Alle wärmebasierten Form- und Fügungstechniken funktionieren nicht. Das ist fertigungstechnisch ein enormer Nachteil, weil sehr viel mehr Aufwand mit anderen Techniken notwendig ist, um Duroplaste oder Elastomere zu formen und zu fügen.
Thermoplastische Elastomere verbinden nun die Elastizität der Elastomere mit der Warmformbarkeit der Thermoplaste. Sie gehören also sowohl ein bisschen zu den Thermoplasten als auch andererseits zu den Elastomeren. Damit sind sie eine sehr attraktive Kunststoffgruppe. Zudem weisen sie weitere positive Eigenschaften auf, die sie gegenüber den bekannten Elastomeren auszeichnen: Sie sind besser einzufärben und sie sind häufig alterungsbeständiger. Mittlerweile werden beispielsweise Dichtungen in der Automobilindustrie aus TPE gefertigt und es gibt TPE als Filament sogar für 3D-Drucker. Damit kann man dann also – etwas populärwissenschaftlich gesprochen – Gummi drucken.
TPE und Recycling, eine kritische Betrachtung
Wir kennen das, Theorie und Praxis sind zwei Paar Schuhe. In der Theorie ist TPE wunderbar zu recyceln. Einfach einschmelzen und in die neue, gewünschte Form bringen. So passiert es auch mit Resten und Abfällen, die in der industriellen Produktion anfallen und dort wieder in denselben Produktionsprozess einfließen. Das sind die sogenannten „Preconsumer“-Abfälle. Alles, was aber aus der Fabrik rausgeht (Postconsumer), ist leider nicht mehr so leicht zu identifizieren. Und da in der Praxis zu viele verschieden eingestellte und mit Zuschlagstoffen wie Flammschutzmittel und Farbpigmenten versehene Sorten Thermoplastischer Elastomere im Umlauf sind und niemand den Aufwand des Trennens und Sortierens leistet, gehen sie den Weg des allgemeinen Mülls. Sie werden verbrannt oder deponiert.
Im industriellen Zusammenhang sind die Vorteile (und Schwierigkeiten) somit benannt. Aber was machen wir damit nun im Kleinen? Welche Kombinationen von Eigenschaften sind auch beim individuellen Gestalten gut nutzbar? Zunächst einmal ist die Farbvielfalt sehr überzeugend. Aber auch die Alterungsbeständigkeit zählt im Alltag. Betrachten wir das elastische Standardprodukt schlechthin: Den Gummiring bzw. das Gummiband oder umgangssprachlich das Schießgummi. Das bleibt ein mehr oder weniger breiter Gummiring, aber über die Farbigkeit kann auch dieser gestaltet werden. Und eine Erfahrung haben wir sicherlich schon alle mit Gummi gemacht: Wenn wir eine Schachtel oder Tüte mit Gummiringen verschließen und diese Monate oder gar Jahre herumliegen lassen, dann sehen wir, wie alterungsbeständig Gummi (nicht) ist. In vielen Fällen ist der Gummiring spröde geworden und hat keine Elastizität mehr. In manchen Fällen ist er sogar schon zerbröckelt oder zumindest brüchig geworden. Das wird mit einem TPE-Gummiband nicht so schnell passieren. Es ist deutlich alterungsbeständiger und behält über Jahre seine Elastizität. Hier nun ein paar Beispiele wofür Du TPE-Gummibänder ganz konkret nutzen kannst:
Smartphone-Stativ
Der Bedarf ist bekannt: Das Stativ für ein Bild braucht jeder mal, denn der eigene Arm ist a) nur von begrenzter Länge, b) nicht verwackelfrei und die Selfie-Kamera ist außerdem meist nicht von so hoher Qualität wie die Hauptkamera auf der Rückseite des Smartphones. Und eigentlich reichen zwei oder drei (TPE-)Gummibänder in der Tasche auch schon aus, denn eine Flasche oder eine Dose findet sich schnell. Und wer noch einen Meterstab (Gliedermaßstab) in die Konstruktion integriert, hat sogar ein verstellbares Stativ. Aber auch draußen kannst Du schnell und sicher Dein Smartphone an einen Mast oder an einen Zaun mittels Gummiband aufhängen. Auslösen dann per Smartwatch, Fern- oder Selbstauslöser.
Winterreifen für Deine Schuhe
Wenn Du die Gummibänder dann in der Tasche hast, kannst Du sie vielfältig nutzen. Zum Beispiel bei überraschender Glätte als DIY-Antirutsch-Gamasche.
Im Alltag eigentlich unverzichtbar
Als Lesezeichen/Verschlussband für Dein Buch, als schnell improvisierter verstellbarer Verschluss, wenn der Hosenknopf zu eng wird oder um das Schneidebrett am Wegrutschen auf der Arbeitsfläche zu hindern …
… als zusätzlicher Sicherheitsverschluss für Deine Bento-Box, als wiederverwendbares Geschenkband oder beim Camping für Geschirr und Besteck zum Zusammenhalten und Schützen.
Und wer das alles nie braucht, der wird jetzt aber Augen machen:
So manche Banane oder Haarbürste zieht es in der Tasche in die Tiefe. Mit den bekannten Folgen (braune matschige Banane und verknickte Borsten an der Bürste). Mit einem Gummiband wäre das nicht passiert und so hat man immer beim Skizzieren oder Notieren einen Snack zur Hand oder die Haarbürste parat, wenn Du Deiner/Deinem Traumpartner/in gerade zufällig begegnest!
Jetzt wird es auch noch körperlich
Nun, da wir Dir schon so nah gekommen sind, noch zwei Anwendungen von TPE-Gummibändern direkt auf Deiner Haut: Aufgrund ihrer Farbigkeit sind sie sehr dekorativ am Handgelenk und können natürlich auch zur Teilnehmer-Kennzeichnung bei Veranstaltungen dienen. Und da TPE weniger Allergien auslöst als beispielsweise Latex, sind sie breiter verträglich. Und hinter den Ohren macht sich TPE auch nützlich: So manche Brille rutscht immer wieder von der Nase. Sobald Du Gummiringe ein paar Mal um die Bügel schlingst, hat sich das Thema erledigt – welche Wohltat!
Zu guter Letzt noch zwei Lifehacks für Dich, die Dich garantiert nie mehr ohne Gummibänder aus dem Haus gehen lassen.
Du bekommst das Marmeladen- oder Gurkenglas nicht auf?
TPE-Gummiring um den Deckelrand legen und nochmal probieren. Ahhhh!
Schlüssel vergessen beim Runtergehen und Du wolltest nur kurz mal raus? Oder Du musst mehrmals durch eine Tür, die immer wieder zufällt? TPE-Gummiring um Klinke und Knauf spannen und damit das Schloss am Zuschnappen hindern!
Du siehst: Ein Leben ohne TPE-Gummibänder ist zwar möglich aber – nein, nicht sinnlos nur – unnötig umständlich. Auch beim Reisen und beim Camping sollten sie nicht fehlen. Hier geht es auf kürzestem Wege zu den Alltagshelden.